Stell dir vor: Du darfst den Zug nicht verpassen und hast deswegen keine Zeit mehr zu frühstücken.
Unterwegs schnappst du dir einen Kaffee und rennst zur Haltestelle.
Frage dich nun: Was hattest du von dem Kaffee? Wahrscheinlich hast du ihn nicht richtig wahrgenommen.
Es ist also schwer, seinen Kaffee auf diese Weise zu genießen, oder?
Wie kannst du also Genuss richtig erleben?
Bewusst genießen
Genusspraktiken wirken am besten, wenn man den Wechsel zwischen Askese und Genuss erkennt.
Es geht dabei nicht darum, von etwas möglichst viel zu bekommen. Das ist etwas völlig anderes als Konsum.
Vielmehr geht es um Sinneserfahrungen, die dir Freude und keine gesundheitlichen Schäden oder schlechtes
Gewissen mit sich bringen. Genuss oder der Umgang mit positiven Anreizen ist nicht immer leicht und bildet
für viele deshalb ein Lernprozess. Mithilfe von einigen Regeln gelingt es leichter, Genuss im Alltag zu entdecken.
Was braucht es zum Genießen - Genussregeln:
Regel 1: Geduld beim Genuss
Um zu genießen, braucht man Zeit. Die Fähigkeit zum Genießen entwickelt sich nicht sofort sondern erst nach
einer Weile.
Regel 2: Genuss erlauben
Oft wird uns in der Kindheit verboten, gewisse Dinge zu genießen. Wenn wir erwachsen werden, verbieten wir
uns den Genuss ohne es zu merken. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir wieder zu Genießern werden wollen.
Im ersten Schritt muss man sich Genusserfahrungen erlauben.
Regel 3: Bitte nicht stören!
Beim Genießen ist es sehr wichtig, sich Zeit zu nehmen und sich auf etwas Konkretes zu konzentrieren,
zum Beispiel auf das Riechen. Dabei sind Ablenkungen unerwünscht.
Nur bei voller Aufmerksamkeit erreicht man den Zustand des Genießens.
Regel 4: Selbst entscheiden
Was dem einen guttut, lässt den anderen völlig kalt. Es ist also empfehlenswert, auf die eigenen Vorlieben
zu achten. Fällt es dir derzeit schwer, sich genussvolle Erfahrungen vorzustellen?
Denke an etwas, das dir früher Freude bereitet hat.
Regel 5: Weniger ist mehr
Man beißt ein Stück Schokolade ab und gleich danach überkommt einen das Verlangen, die ganze Schokolade zu
verschlingen. Kennst du das?
Doch Sättigung führt nicht automatisch zu Genuss, sondern ist reiner Konsum. Wir aber wollen Schokolade schmecken.
Es kommt also nicht auf die Menge an.
Regel 6: Erfahrung hilft
Sich einem Genussobjekt immer wieder zu widmen und damit Erfahrungen zu sammeln, macht den Genuss erst möglich. Denke etwa an einen guten Käse:
Erst nachdem man eine gewisse Erfahrung damit gesammelt hat, weiß man, diesen so richtig zu schätzen.
Regel 7: Im Alltag aufspüren
Genussquellen sind überall. Man muss sie nur erkennen. Um Genusserfahrungen zu machen, braucht man kein
spezielles Ereignis. Es sind oft Kleinigkeiten, die unbemerkt bleiben und uns guttun.
Behalte diese Regeln im Hinterkopf.
Es wird dich am Anfang sicherlich etwas Zeit kosten, alle Regeln zu beachten.
In Zukunft unterstützen sie dich aber, die Welt noch genussvoller zu erleben.
Mit allen Sinnen dabei
Mit Hand, Nase, Ohren, Mund und dem Geschmackssinn erschließen sich uns die verschiedenen Genüsse der Welt.
Das Problem ist: Einige unserer Sinne nutzen wir weniger. So blenden wir Geräusche und Gerüche häufig als
nebensächlich aus. Auch unsere Augen setzen wir oft nur sehr pragmatisch ein.
Wir nutzen sie hauptsächlich als Mittel, um Informationen aus der Umwelt zu entnehmen.
Dabei halten alle unsere Sinne schöne Erlebnisse für uns bereit.
Quellen für den Genuss:
Taste dich vor.
Unsere Haut ist das größte Organ. Trotzdem werden Berührungen in unserer Kultur eher vernachlässigt.
Zunge, Mund, Lippen, Hände oder Füße – wir haben so viele Möglichkeiten zum aktiven Tasten und Fühlen.
Es gibt eine Menge Eindrücke, die man mit diesem Sinnesorgan sammeln kann, wie etwa Form, Oberflächenstruktur,
Temperatur, Größe oder Konsistenz.
Geschmacklos ist tabu
Es gibt vier Geschmacksrichtungen, die wir mit unserer Zunge unterscheiden können: süß, sauer, bitter und salzig.
Beim langsamen Kauen kommen alle vier Geschmacksrichtungen am deutlichsten zum Ausdruck.
Auch Schmatzen ist erlaubt.
Zuhören, Hinhören, Hören
Unter Hören wird oft Musik hören verstanden. Es gibt aber auch Geräusche, Klänge und… Stille!
Richtig, Stille ist auch ein Zustand, dem man zuhören kann. Musik hören zum Beispiel kann unsere Stimmung
sehr stark beeinflussen. Nutze also die Kraft der Klänge für deinen Genuss.
Sich glücklich riechen
Das Riechhirn ist der älteste Teil des Gehirns und eng mit den Teilen des Gehirns verbunden,
die unsere Emotionen verarbeiten. Wir haben sofort eine klare Assoziation zu dem, was wir riechen.
Du kennst das bestimmt auch. Seien es ätherische Öle zu Hause, nasses Laub im Wald oder frisch gebrühter
Kaffee.
Alles im Blick
Sehen bestimmt unsere Wahrnehmung sehr stark. Aber ist das Gesehene auch immer wahr?
Unsere visuelle Wahrnehmung wird von unserer Stimmung, unseren Vorerfahrungen und Bedürfnissen beeinflusst.
Ein Beweis dafür sind optische Täuschungen. Versuche, langsam, aufmerksam und mit offenen Augen,
durch Ihren Alltag zu gehen – so fängst du an, genussvoll zu beobachten.
Ein persönliches Beispiel
Als ich gestern von einer genußvollen Wanderung zurückkam, kaufte ich mir hausgemachte Produkte aus der Abtei,
an der ich gestern die Wanderung startete. Diese genoss ich dann gestern Abend zuhause und hatte somit noch einmal den Genuß mit allen Sinnen.
Während meiner Entspannungswanderungen werde ich Euch diese Genußfähigkeit etwas näher bringen.
Wir werden fühlen, riechen, schmecken, spüren, hören, sehen...
In diesem Sinne...einfach mal genießen ausprobieren!