Achtsamkeit ist ein Begriff, der aus der aktuellen Medienlandschaft kaum mehr wegzudenken ist.
Was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff, von dem so viel versprochen wird und der doch
so wenig zu fassen scheint?
Ich möchte dir in diesem "vorweihnachtlichen Trubel" gerne schreiben, welche Hintergründe die
Achtsamkeitspraxis hat und was eine achtsame Einstellung zu Dir und zu Deiner Umwelt für Möglichkeiten hat,
um Deinen Alltag zu bereichern, Deinen Umgang mit Stress zu verbessern und wie sie Dir auch in schwierigen Phasen
von Nutzen sein kann.
Bitte denke einmal an Deine letzte Routineaufgabe, die Du heute oder in den letzten Tagen ausgeführt hast.
Das kann die Fahrt zur Arbeit am Morgen sein, die Dusche am Abend, das Bügeln am Wochenende – wichtig ist,
dass Du an eine Aufgabe denkst, die Du regelmäßig durchführst, ohne groß vorher darüber nachzudenken (im Autopilotmodus). Denke dabei nicht nur an die Tätigkeit an sich, sondern an die genaue Situation, in der Du sie zum letzten Mal gemacht hast.
Was war das für eine Handlung?
Versuche, Dir alle Einzelheiten in Erinnerung zu rufen. An was kannst Du Dich erinnern?
Was hast Du alles gesehen und gerochen, gedacht oder gefühlt? Versuche, Dich möglichst mit allen Sinnen an die
Situation zu erinnern.
Im Hier und Jetzt
Mit einer achtsamen Einstellung ermöglichen wir es uns also, uns immer wieder auf das Hier und Jetzt zu besinnen.
Dabei geht es nicht darum, bestimmte Gedanken oder Gefühle verändern zu wollen. Im Gegenteil:
Alle unsere Empfindung werden mit Hilfe der Achtsamkeit wahrgenommen und akzeptiert.
Oftmals sind wir mit unseren Gedanken bei vergangenen oder zukünftigen Dingen, während wir in der Gegenwart
möglichst viele Aufgaben parallel erledigen wollen.
Wir nehmen so nur einen Bruchteil dessen wahr, was wirklich um uns herum geschieht und lassen uns unzählige
Momente unseres Lebens entgehen.
Besonders in Krisensituationen rutschen wir allzu schnell in automatische Gedankenmuster ab und nehmen
die Gegenwart nur bedingt wahr. Aber auch in Momenten der Entspannung können uns Gedanken und Gefühle von
unseren Handlungen ablenken.
Durch eine achtsame Einstellung können wir mehr Distanz zu diesen automatischen Gedanken schaffen und uns
wieder auf die Gegenwart konzentrieren.
Achtsamkeit vs. Entspannung
Auch wenn es oft den Eindruck macht - Achtsamkeit und Entspannung sind nicht zwangsläufig miteinander
gleichzusetzen. Denn während es bei Entspannung vor allem darum geht, Körper und Psyche zu beruhigen,
sollen mit Hilfe der Achtsamkeit aktuelle Empfindungen deutlich wahrgenommen werden - unabhängig davon,
ob die Wahrnehmung positiv oder negativ ist, es sich um glückliche Gefühle oder negative Gedanken handelt.
Gerade dann, wenn es uns nicht gut geht und die negativen Empfindungen Überhand nehmen, kann uns eine achtsame
Einstellung helfen. Denn sie nimmt uns den Druck, etwas verändern zu müssen, um uns besser zu fühlen.
Es geht vielmehr darum, anzunehmen was ist und so einen inneren Frieden zu ermöglichen.
Um zu verstehen, wie eine achtsame Einstellung im Detail funktioniert, stelle ich Dir die Grundhaltungen der
Achtsamkeit gerne einmal vor.
Nicht-Urteilen
Wir alle bewerten und vergleichen jeden Tag die verschiedensten Dinge: die neue Frisur des Kollegen,
den letzten Kinofilm, das Mittagessen - ja selbst uns bewerten wir ständig. Nicht immer bewusst,
nicht immer laut, doch, gerade wenn es uns schlecht, meist negativ.
Das Nicht-Urteilen der Achtsamkeit meint im ersten Schritt, sich diese Bewertungen und Vergleiche bewusst
zu machen, sie also als das wahrzunehmen, was sie sind: subjektive Einschätzungen.
Im zweiten Schritt lässt man diese Urteile für den Moment los und lässt sie ziehen.
Geduld
Von Geduld hat jeder seine eigenen Vorstellungen. Innerhalb der Achtsamkeit ist damit nicht nur die Geduld mit
anderen und mit der Welt um uns herum gemeint, sondern auch mit uns selbst.
Es geht darum, eine Situation so anzunehmen wie sie gerade ist und bestimmte Prozesse und Abläufe nicht
beschleunigen zu können - egal, wie sehr wir uns das manchmal wünschen. Vertrau darauf, dass sich alles
entfaltet, wenn der richtige Moment gekommen ist.
Offener Geist
Dieser Faktor ist besonders dann wichtig, wenn Du neuen Erfahrungen und Einstellungen erst einmal eher
skeptisch gegenüberstehst (wie es z.B. auch vielen Menschen mit der Achtsamkeitspraxis geht).
Versuche, der Welt unvoreingenommen und offen zu begegnen. Oft glauben wir zu wissen, was als nächstes
passieren wird, da wir uns schon eine Meinung gebildet haben, ohne es zu merken.
Gib einer Situation die Chance, sich zu entwickeln und sei neugierig auf das, was noch passieren wird.
Vertrauen
Vertrauen meint hier, sich auf sich selbst und seinen eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen verlassen zu können.
Achtsamkeit kann uns helfen, in uns hineinzuhorchen, uns selbst besser kennenzulernen und auch,
auf unseren Körper zu hören.
Wenn wir es schaffen, wieder Vertrauen in uns selbst zu entwickeln, können wir auch besser unserer Umwelt
mit Wohlwollen begegnen.
Nicht-Erzwingen
Wir bewerten nicht nur ständig alles um uns herum, sondern vermuten auch hinter den meisten Situationen
und Ereignissen eine Absicht, einen Plan. Eine achtsame Einstellung gibt uns davon eine Pause:
eine Pause davon, etwas erreichen zu müssen, etwas schaffen zu wollen. Es geht darum, eine absichtslose
Haltung einzunehmen.
Daher kann Achtsamkeit - zumindest für den Moment - jedem etwas nützen.
Nämlich einfach mal Sein zu dürfen, unsere Ziele hintenanzustellen und im gegenwärtigen Augenblick zu leben,
egal ob dieser Moment nun langweilig, aufregend oder traurig ist.
Akzeptanz
Diese Grundhaltung hängt eng mit der vorherigen zusammen und fällt uns oft ziemlich schwer.
Statt mit der Welt zu hadern, geht es darum zu akzeptieren: unsere Gedanken und Gefühle
(seien sie nun positiv oder negativ) und den Moment an sich, gerade wenn wir uns wünschen,
die Vergangenheit oder Zukunft würde anders aussehen.
Besonders, da viele Situationen im Hier und Jetzt nicht veränderbar sind, im Großen wie im Kleinen,
ist diese Grundhaltung sehr entscheidend.
Erst die Akzeptanz des Gegenwärtigen gibt uns den Raum für sinnvolle Veränderungen in der Zukunft und
der Verarbeitung der Vergangenheit.
Loslassen
Nachdem wir Gedanken und Gefühle nun absichtslos betrachtet, geduldig wahrgenommen und neugierig und
akzeptierend empfunden haben, geht es in dieser letzten Grundhaltung darum, sie loszulassen.
Das ist uns oft gar nicht so einfach möglich, je nachdem, wie tief verwurzelt die einzelnen Empfindungen
in uns sind.
Doch das wichtigste ist Gefühle und Gedanken als das wahrzunehmen was sie sind: vorübergehende Konstrukte,
die kommen und auch wieder verschwinden und nicht unbedingt ein Abbild der Realität darstellen.
Ich wünsche dir eine achtsame, vorweihnachtliche Zeit und eine schöne, hoffentlich entspannte Woche!